DAS PAPSTTUM UND DIE RELIGIÖSEN GEMEINSCHAFTEN IN OBERLOTHARINGIEN

Untersuchungen zu den Emanzipations- und Integrationsprozessen der Klöster und Stifte in den Diözesen Metz, Toul und Verdun (10.-12. Jhd.)

 

Ausgangspunkt des Dissertationsprojekts ist die seit einigen Jahren in der Papstgeschichtsforschung vertretene Ansicht, dass der seit der Mitte des 11. Jahrhunderts zunehmende Bedeutungszuwachs der römischen Kirchen nicht allein auf vonseiten des Papsttums verstärkt formulierte Universalansprüche im Sinne eines Jurisdiktionsprimats zurückzuführen sei, sondern als das Ergebnis eines vielschichtigen Prozesses betrachtet werden müsse, den die zahlreichen geistlichen Institutionen des christlichen Europa und deren jeweilige Akteure aktiv mitgestaltet hätten. Diesem Ansatz folgend, wird die Fragestellung eine doppelte sein und sich auf den oberlotharingischen Raum beschränken, der im Hinblick auf die einzelnen diesem Gesamtprozess zugrundeliegenden Integrations- und Kommunikationsprozesse von der Forschung bisher weitgehend unberücksichtigt blieb.

Einerseits wird von der Empfängerperspektive ausgehend der Frage nachgegangen werden, aus welchen Gründen bzw. mit welcher Absicht man sich überhaupt an das Papsttum wendete. Da deren Rechtsinhalt größtenteils auf die Initiative der Empfänger zurückgeht, werden zur Beantwortung dieser Frage vorrangig die Papsturkunden im Hinblick auf die darin enthaltenen Rechtsbestimmungen untersucht und einem Vergleich mit den Bischofs- und Herrscherurkunden unterzogen werden, um diejenigen Rechtsbestimmungen zu ermitteln, die sich ausschließlich bzw. vorwiegend in den Papsturkunden finden. Hieran schließt sich auch die Frage nach der Emanzipation der Klöster und Stifte von den Einflussbereichen anderer Instanzen, v.a. der Diözesanbischöfe und Vögte: Inwieweit trugen Kontakte mit dem Papsttum dazu bei, die ursprünglichen Zuständigkeitsbereiche dieser beiden Instanzen zu begrenzen und welche Rückwirkungen ergaben sich daraus für die interne und externe Organisation der betreffenden Klöster und Stifte?

Andererseits soll aber auch von der Perspektive des Papsttums ausgehend nach der Reichweite päpstlicher Entscheidungen in ihrer Wirkung gefragt werden: Inwieweit vermochte das Papsttum, etwa im Rahmen von Synoden, durch päpstliche Legaten oder Mandate in inneroberlotharingische Kirchenangelegenheiten einzugreifen? Inwieweit wurden die hierbei gefällten Entscheidungen respektiert? Auf welche Mittel griffen die Päpste zurück, um ihren eigenen Universalanspruch zur Geltung zu bringen?

Da die für eine solche Untersuchung notwendige Erfassung und Auswertung der Kontakte mit dem Papsttum für die Zeit nach dem Pontifikat Leos IX. (1049-1054) bisher nur unzureichend erfolgte, werden diese im Anhang der künftigen Arbeit in Form von mit einem kritischen Kommentar und Angaben zur Überlieferung versehenen Vollregesten zusammengetragen werden. In diesem Sinne leistet das Dissertationsprojekt gleichsam eine Vorarbeit zu dem im Rahmen des Papsturkundenwerks der Göttinger Akademie der Wissenschaften vorgesehenen elften, die drei Trierer Suffraganbistümer umfassenden Bandes der Germania Pontificia (Germania Pontificia XI: Provincia Treverensis II: Dioecesis Mettensis, Virdunensis, Tullensis).

2016-2020

Doctoral candidate:
Hannes Engl

Supervisor:
Michel Margue

CET Members:
Klaus Herbers
Timothy Salemme

Funding:
University of Luxembourg