DAS HERZOGTUM LUXEMBURG UNTER “AUSWÄRTIGER” GOVERNANCE
(1346-1437)
Anliegen des Dissertationsvorhabens zum spätmittelalterlichen Luxemburg ist es, die Herrschaftsprozesse und -strukturen (Governance) des Herzogtums unter den letzten Herrschern der Dynastie der Luxemburger – Karl IV., Wenzel I., Wenzel II. und Sigismund (1346-1437) – zu analysieren. Da diese nicht nur die Herrschaft über Luxemburg, sondern auch jene über Brabant, Böhmen, Ungarn oder das Reich zu bewerkstelligen hatten, hielten sie sich nur selten im Stammland ihrer Ahnen auf. Während man die Herrschaft in Abwesenheit bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zunächst in Form von Statthaltern zu überbrücken suchte, gelangte das Herzogtum 1388 unter Pfandherrschaft. Die Pfandherren, ihrerseits der Dynastie der Luxemburger entstammend (Jost von Mähren, Elisabeth von Görlitz), verfolgten in Luxemburg eigene politische und finanzielle Interessen, die mitunter dazu führten, dass sie das Territorium weiterverpfändeten. Letztlich war das ‚politische System‘ Luxemburgs von 1388 an für mehr als fünfzig Jahre (über den Tod Sigismunds 1437 hinaus) vom Dualismus zwischen ‚natürlichen‘ Souveränen (Herzögen) und ernannten Machthabern (Pfandherren) geprägt.
Ausgehend von diplomatischen und verwaltungsschriftlichen Quellen sucht die angestrebte Analyse die Interaktion dieser beiden Herrschaftsebenen in Theorie und Praxis zu beleuchten und insbesondere das Zusammenspiel mit den lokalen Eliten (Adel, Städte) als weiterer Herrschaftsinstanz aufzuzeigen. Eine diachrone Betrachtung der Aktionsfelder dieser société politique zielt darauf ab, das Verhalten von Adel und Städten den Herrschern gegenüber im Spannungsfeld von gesetzlicher Treue und stärker opportunistischen Motiven (z.B. wirt-schaftlich/Karriere orientierten Interessen) zu verorten. Hieran anknüpfend wird die Disserta-tion Antwort geben auf die Frage, in welchem Maße die Herrschaft in Luxemburg am Aus-gang des Mittelalters gestützt war auf Konsens und Autorität. Zudem setzt sie sich zum Ziel, zu bestimmen, inwieweit sich die Vertreter von Adel und Städten mit der herrschenden Dynastie und dem Land im Sinne einer patria identifizierten und leistet somit für eines der Territorien des römisch-deutschen Reiches auch einen Beitrag im Rahmen der in den letzten Jahren erneut verstärkt geführten Debatte um die Nationsbildung im Mittelalter. Abschließend wird kritisch beurteilt, inwiefern das aus der Politikwissenschaft entlehnte Konzept der Governance zur Untersuchung mittelalterlicher Herrschaft gewinnbringend ist.
Bildquelle: Ausschnitt aus einem Rotulus Huwarts von Elter an Markgraf Jobst von Mähren (1398), MZA Brünn, Bestand A1 (Stavovské listiny), inv. č. 273.